Wie Spieka zu seinem Namen gekommen ist
Wer heute durch Spieka geht – zwischen Feldern, Gräben und alten Warften, wo der Wind unablässig vom Meer her weht – der mag sich fragen, wie dieser Ort zu seinem Namen gekommen ist. Die einen sagen, das Wort stamme aus dem Lateinischen und bedeute „Ähre“. Und wirklich: Im alten Siegel des Kirchspiels findet sich eine Weizenähre, fein und aufrecht, als Sinnbild der Fruchtbarkeit der Marsch. Andere deuten den Namen auf einen „gespickten Weg“, einen alten, mit Holz und Zweigen befestigten Pfad durch das nasse Land. Wieder andere meinen, „Spiek“ bezeichne einfach jenes Außendeichsland, das nahe am Wasser liegt – und da, wo Spieka heute steht, verlief einst eine uralte Deichlinie.
Doch die Leute hier, die das Land besser kennen als jedes Buch, erzählen es anders – so, wie sie es seit Generationen weitergeben, wenn sie am Abend am Deich sitzen und das Rauschen der See hören.
Vor vielen Jahrhunderten, lange bevor die Kirche gebaut wurde, stand an der Stelle, wo heute das Gotteshaus von Spieka steht, ein großer Kornspeicher – ein sogenannter „Spieker“. Er gehörte dem Fräuleinkloster Neuenwalde, dessen Nonnen weit über ihr eigenes Land hinaus Besitz hatten. Auch in Spieka besaßen sie Äcker, Wiesen und Ländereien – die Flurstücke, die man noch heute „Klosterham“ und „Jungferland“ nennt, erinnern daran.
Die Nonnen ließen den Speicher errichten, um ihre Erträge aus dem fruchtbaren Wurster Boden sicher zu lagern. Es war eine Zeit, in der das Korn Gold wert war, und ein sicherer Lagerort bedeutete Wohlstand und Schutz. Der Speicher stand fest und hoch, mit Mauern aus Backstein und einem Dach, das weit über das Land ragte. Von den Warften aus konnte man ihn schon von Weitem sehen – und die Bauern nannten das Gelände schlicht „bi’m Spieker“, beim Speicher.
Als das Land später zur Ruhe kam und die Dörfer wuchsen, entschlossen sich die Menschen, an dieser Stelle eine Kirche zu errichten. Der alte Speicher war längst zerfallen, aber sein Name blieb. So wurde aus dem Platz beim Spieker allmählich der Ort Spieka.
Doch selbst damit ist die Geschichte nicht zu Ende. Manche sagen, die Nonnen hätten beim Bau des Speichers einen besonderen Segen über das Land gesprochen, damit das Korn stets gedeihe. Und so sei es gekommen, dass die Felder um Spieka besonders fruchtbar blieben, selbst in Jahren, da andernorts die Ernte verdorrte. Wenn man im Sommer durch die Felder geht und das goldene Getreide im Wind rauscht, dann, so sagen die Alten, hört man noch das Flüstern der Jungfern von Neuenwalde – ein leises Lied über das Korn, das sie einst gesegnet haben.
Was nun die wahre Herkunft des Namens betrifft – wer will das entscheiden? Ob Latein, Deichwort oder Dorfgeschichte: in allen steckt ein Körnchen Wahrheit. Doch die Sage vom alten Speicher, vom Spieker der Nonnen, klingt wohl am vertrautesten in den Ohren derer, die hier geboren sind.







